Nelly Frei
Guido Gläser
GOTTHARDSÜD

Ausstellung:
17. Mai bis 29. Juni 2024

Vernissage:
Donnerstag, 16. Mai 2024, 18.30 Uhr
Einführung durch Catrina Sonderegger

Artist Talk:
Samstag, 25. Mai 2024, 15 Uhr

Finissage:
Samstag, 29. Juni 2024, 13 bis 17 Uhr

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Freitag 17 - 19 Uhr, Samstag 13 - 17 Uhr,
zusätzlich Sonntag, 26. Mai, 13 - 16 Uhr
oder nach Vereinbarung

Anwesenheit Künstlerpaar:
16. Mai, 18. Mai, 25. Mai, 26. Mai, 1. Juni, 22. Juni, 29. Juni

GOTTHARDSÜD
Der Tag beginnt morgens gegen 8.30 Uhr mit der Zugfahrt von Bellinzona nach Biasca. Die tiefeingeschnittenen Täler liegen noch im Schatten. Es braucht Geduld bis die Sonne auch den letzten Flecken im Tal erreicht. Gotthard Süd eben. Das Atelier von Nelly Frei und Guido Gläser befindet sich im Zentrum von Biasca, wenige Meter trennen sie von der Bar Gambrinus an der Piazza Centrale. Das gemeinsame Kunstschaffen hat mit dem neuen Jahrhundert begonnen, also vor mehr als 20 Jahren. In dieser Zeit haben sie einige Wechsel in neue Umgebungen hinter sich; in Baden, in Ostra/ Italien, in Bellinzona und seit 2 Jahren in Biasca.
Das Ankommen in eine neue Umgebung ohne Kenntnis der lokalen Kunstszene, in ein neues Atelier, die neue Sprache, etc. fordert und bereichert das Künstlerpaar und gibt Raum einen Blick zurück auf das bisherige Schaffen zu werfen. Die Arbeiten für die Galerie 94 sind in den letzten 2 Jahren entstanden und belegen den Einfluss einer neuen Arbeitsumgebung auf das Kunstschaffen. Das gemeinsame künstlerische Wirken macht das alles leichter und es ist für Frei/Gläser ein grosses Geschenk diesen Weg, dieses ständige Suchen zu teilen.
Ihre Arbeiten ernähren sich aus dem Dialog miteinander, sie sind sich gegenseitig Quelle der Inspiration und Reibungsfläche. Die Werke sind, das zeigt diese Ausstellung, seelenverwandt aber eigenständig in der Materialität als auch in der Vorgehensweise. Dennoch zeigen sie unverkennbare Charakteristika.

Nelly Frei
Freis Arbeitsplatz befindet sich im hinteren Teil des Raums. Ein grosser Tisch ist bedeckt mit unterschiedlichen Sofortmaterialien. Aus der Beschäftigung mit Ästen, Ton, Karton entstehen die Kunstwerke. Archaisch, reduziert, puristisch wirken die fertigen Objekte; ein grosses Anliegen der Künstlerin ist die Affinität und Nähe zur Natur und das Bewusstsein zu unseren Ressourcen und dessen Umgang. Die Manipulation der Oberfläche, das Bemalen der Zweige verändert den Charakter des Ursprungsmaterial komplett, die dabei entstehenden naturverfremdeten Formen sind überraschend. Nelly Frei geht spielerisch an die Formgestaltung, ein konkretes Ziel ist nicht vordergründig, vielmehr lassen innere Emotionen das Werk voranschreiten. Zentral ist ihr dabei immer die Freiheit der individuellen künstlerischen Gestaltung und die Freiheit des Betrachters mit seinen eigenen Empfindungen.
Zurück zur Ausstellung in der Galerie 94. Waren früher mehrheitlich zweidimensionale Werke von Frei zu sehen, dominieren jetzt die dreidimensionalen Arbeiten. Geblieben sind die Streifen. Die Streifen der Streifzüge. Streifzüge in der Landschaft. Zu sehen sind Objekte mit Kombinationen von Keramik mit Ästen, von Bronzeskulpturen mit Ästen und freien Keramikformen. Die präsentierten Werke verraten eine gleichermassen leidenschaftliche wie sensible Künstlerin, die es versteht das Haptische und der intuitive spontane und auch ungeschliffene Ausdruck in eine reduzierte Form zu bringen.

Guido Gläser
Über ein viertel Jahrhundert beschäftigt sich Guido Gläser mit Malerei, Objekten und Installationen. In der Galerie 94 zeigt er Arbeiten der letzten 2 bis 3 Jahren, d.h. nur ein kleiner Blick durch den Türspalt in seine Welt.
Erste Inspirationsquelle war die Begegnung mit den Bildern von Nicolas de Stael in den 90-er Jahren und das hatte Folgen... Die Farbkraft, in lauten und leisen Tönen, die Kompositionen und sein haptischer Farbauftrag erreichten Gläser unwillkürlich.
Das war Ende der neunziger Jahre; angefangen mit abstrakter Malerei auf Leinwand. Konzeptkunst und die neuen Medien hatten zu dieser Zeit Hochkonjunktur, Guido Gläser blieb der Malerei treu. Beeinflusst von Künstlern und Kunstströmungen versuchte er zu finden wonach er suchte, was er nie ganz greifen konnte. Er sagte sich dann oft, dass der Zweifel seinen Motor am Laufen hielt. 2006 vereinfachte Gläser die Bildsprache, sein Interesse neigte zu seriellen Strukturen, das waren vor allem grossformatige Bilder mit Gitterstrukturen. Die Auflösung zu magischen Bildräumen, zu Assoziationsfeldern war eine logische Folge seines Charakters, nicht fortzufahren, sondern weiterzugehen.
Mit der Pandemie verschwamm die Arbeit von Guido Gläser ins Unbestimmte, ins Ungefähre.
Das neue Atelier in Biasca, hell und weiss, ein leerer Tisch, das tat ihm gut. Die geometrischen Grundstrukturen der de Stijl-Bewegung, die Bauhauskünstler oder die konkrete Kunst standen ihm da plötzlich nahe. Daraus entwickelte er für die Ausstellung in der Galerie 94 eine Werkgruppe. Die Bilder sind alle auf Kartonkörper gemalt, wie alles in Ölfarbe – seine bevorzugte Farbe – und Farbe spielt eine sehr wichtige Rolle in seinem Kunstschaffen.
Die Kartonkörper bzw. Schachteln sind oft angeschnitten, aus dem Quadrat verschoben, manche nahezu monochrom oder ein kleiner Formsplitter. Dazu zeigt er kleinformatige Objekte in MDF-Holz, das sind strukturstarke, aufgeschichtete gemalte Kuben. Die Farbpalette ist in allen Arbeiten reduziert, es gibt viel Schwarz, Rosa, Gelb Türkis und Weiss. «Das wesentliche Konzept ist, dass es keine Regel gibt, ich arbeite intuitiv. Die Neugier ist das alles Entscheidende.»

Disposition 3 © Guido Gläser

ohne Titel © Nelly Frei

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Jan Prengel - Wirklichkeiten